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Einige stilistische Glanzlichter Okens

gesammelt von Manfred Zittel


Oken war auch auf sprachlichem Gebiet durchaus originell. Besonders liebte er zugespitzte Formulierungen. Hierzu einige Beispiele, zunächst aus Briefen an seinen Freund Matthias Keller:

  • "Es ist komisch, wie die erklärenden Leute mit ihrem Lichtstoffe um sich werfen - und doch haben alle unsere Kochchimisten ( = Chemiker) bisher noch nichts Vernünftiges darüber gesagt. Wenn ihnen die Natur gleichsam Ohrfeigen austeilt, sie an den Haaren dahin zieht, wohin sie sehen sollen - so schließen sie ihre an das tote Küchenfeuer gewöhnten Augen zu, um nicht von dem Glanz der reinen Lichtgöttin den schwarzen Star zu erhalten." (1801)

Von seinem Fußmarsch nach Göttingen und seinen ersten Eindrücken dort schreibt Oken:

  • "... wenn ich geduldig durch die elenden Feldwege wate, nicht wissend, wo Straße und wo Viehweide, wenn ich appetitlos das schwarze saure Semmelbrot und das zwar gute, aber wäßrige Bier verschlucke. O Süden! O Norden! ihr fürchterlichen Pole."
  • "Alles speist hier auf dem Zimmer, den ganzen Tag ist man allein, vor lauter Langeweile muß man gelehrt werden." (1805)

Folgende Lebensweisheit Okens vergißt man wegen ihres einprägsamen Bildes nicht so bald:
  • "Sieh! so hängt alles bloß davon ab, wie man sich regt; auch die kleinste Fliege kann die Aufmerksamkeit auf sich lenken, wenn sie rastlos summt, und kann dann wohl die Ehre haben, das Exemplar zu einer neuen Entdeckung geworden zu sein." (1806)
Sich selbst sieht er nicht unkritisch:
  • "Der Breisgau hat gewiß viele brave Frauen, mit denen ein Mann, der nicht so wunderlich ist wie ich, glücklich sein kann." (1808)
Okens Handschrift war (und ist) ein Problem für alle, die sie zu entziffern suchen. In der "Isis", Heft 3 von 1818, hatte ein wahrscheinlich verzweifelter Setzer den Satz eingerückt: "Du fischst in der Kröthe." In der nächsten Nummer fand man dann folgende Druckfehlerberichtigung: "Du fühlst in dir Kräfte."

In Okens Büchern finden sich oftmals paradox anmutende Sätze, die zum Spott reizten, so wenn er seine Erkenntnisse zur Entwicklungsgeschichte der Arten folgendermaßen zusammenfaßte:
  • "Was nicht Wurm war, kann nie Vogel werden."
Oder:
  • "Der Mensch ist nur ein Wirbelbein."
In Jena begrüßten sich daraufhin Akademiker gern mit dem Gruß:
  • "Guten Tag, Herr Wirbelbein."

Auch Okens Bemühungen, in die Naturgeschichte neue deutsche Namen einzuführen, wurden oft belächelt, und Goethe verfaßte sogar Spottverse darüber. Aber manche dieser neuen Namen setzten sich durch und bezeugen Okens Sprachbegabung, so z. B. das heute allen geläufige Wort "Nestflüchter".

Als Oken 1832 von der Universität München nach Erlangen versetzt werden sollte, reagierte er voll trotzigem Stolz mit einem einzigen Satz an Ludwig I., König von Bayern:
  • "Majestät, ein deutscher Professor wird nicht versetzt, er wird berufen."


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